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Die Konferenz “Together: Strengthening Women’s Voices for Sustainable Agriculture and Food Systems”, die vom 18. bis 20. Februar 2025 in Nairobi stattfand, war mehr als nur eine Veranstaltung. Es war eine kraftvolle Absichtserklärung, eine kollektive Verpflichtung, einen echten Wandel herbeizuführen.
Es war eine kraftvolle Absichtserklärung, eine kollektive Verpflichtung, einen echten Wandel herbeizuführen. Drei Tage lang kamen Landwirt*innen, politische Entscheidungsträger*innen, Forscher*innen, Vertreter*innen von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Umsetzungsorganisationen zusammen, um Ideen auszutauschen, bewährte Ansätze zu teilen und Wege zu gerechten und nachhaltigen Agrar- und Ernährungssystemen zu beschreiten. Im Anschluss an die Konferenz reflektieren drei Hauptrednerinnen über die wichtigsten Themen und Fragen, die auf der Konferenz diskutiert wurden. Ihre Stimmen verdeutlichen, dass ein Wandel nicht möglich ist, ohne die strukturellen Hindernisse zu überwinden, die der Ungleichheit der Geschlechter zugrunde liegen.
Welche Schlüsselaspekte sollten berücksichtigt werden, damit Agrar- und Ernährungssysteme für Frauen funktionieren?
Caroline Kayanja: Frauen sehen sich aufgrund begrenzter finanzieller Mittel und restriktiver Geschlechterrollen mit großen Hindernissen beim Zugang zu Land, dessen Besitz und Kontrolle konfrontiert. Selbst wenn Land in gemeinsamem Besitz mit dem Ehepartner ist, behindern soziale Normen häufig die Entscheidungsbefugnis von Frauen. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) könnte die Stärkung von Frauen die landwirtschaftliche Produktivität um fast ein Viertel steigern, das weltweite Bruttoinlandprodukt um 1 % erhöhen und die Ernährungssicherheit für bis zu 45 Millionen Menschen gewährleisten. Ein Potenzial, das wir nicht ungenutzt lassen dürfen.
„Die Stärkung der Rolle der Frauen könnte die landwirtschaftliche Produktivität um fast ein Viertel steigern, das weltweite Bruttoinlandprodukt um 1 % erhöhen und die Ernährungssicherheit für bis zu 45 Millionen Menschen gewährleisten.“
Theresa Herbold: Klimawandel, der Verlust der biologischen Vielfalt, Ernährungsunsicherheit und Wirtschaftskrisen treffen Frauen und Mädchen oft am härtesten. Die Widerstandsfähigkeit von Frauen zu stärken, ist deshalb umso wichtiger. Dabei spielt der Zugang zu Ressourcen – insbesondere zu Land und Kapital – eine entscheidende Rolle. Während fast die Hälfte der Beschäftigten in der Landwirtschaft Frauen sind, sind weniger als 15 % der landwirtschaftlichen Anbaufläche in ihrem Besitz. Gleichzeitig müssen wir hinterfragen, wer letztlich die Entscheidungsgewalt innehat. Ohne angemessene Repräsentation von Frauen in politischen Gremien und auf internationaler Bühne bleiben ihre Anliegen häufig ungehört.
Welche Rollen spielen frauengeführte bäuerliche Organisationen im Transformationsprozess unserer Agrar- und Ernährungssysteme?
Dr. Eileen Nchanji: Frauengeführte bäuerliche Organisationen gelten seit Langem als Instrument zur Stärkung von Selbstbestimmung und Ressourcenzugang – ihr Erfolg ist jedoch hochgradig kontextabhängig. In einer konservativen muslimischen Gemeinschaft im Norden Ghanas beispielsweise konnten Frauengruppen nur dann effektiv funktionieren, wenn ein Mann der Gruppe angehörte. Seine Rolle bestand nicht darin, zu entscheiden, sondern bei Konflikten zu vermitteln und als Ansprechpartner nach außen zu fungieren. Ohne seine Mitwirkung wäre die Gruppe in der Gemeinde nicht anerkannt worden. Deshalb haben wir ihn gezielt für die Ziele der Organisation sensibilisiert. Anderswo, etwa in Teilen Kenias, pachten Frauen Land, bauen Häuser und gestalten unmittelbare Entscheidungsprozesse mit. Diese Beispiele verdeutlichen: Die Förderung von bäuerlichen Organisationen verlangt ein tiefes Verständnis lokaler Normen und Machtverhältnisse – was in einem Umfeld wirkt, kann in einem anderen scheitern. Wie auf der Konferenz in Nairobi ausdrücklich betont wurde, ist die Einbeziehung von Männern unerlässlich, muss aber kontextspezifisch sein. Ebenso wichtig ist die Schaffung eines günstigen Umfelds durch unterstützende Maßnahmen, Politiken und Institutionen.
“Die Einbeziehung von Männern ist unerlässlich, muss aber kontextspezifisch sein. Ebenso wichtig ist die Schaffung eines günstigen Umfelds durch unterstützende Maßnahmen, Politiken und Institutionen“
Caroline Kayanja: Frauengeführte bäuerliche Organisationen, insbesondere im ländlichen Raum, stellen eine wertvolle Form sozialen Kapitals dar. Häufig fehlt es jedoch an gezielten Investitionen in den Aufbau ihrer Kompetenzen – insbesondere in Verhandlungsführung und Interessenvertretung –, damit sie als handlungsfähige Organisation wirklich wirksam werden können. Viele dieser Frauen verfügen möglicherweise nicht über formale Bildung, kennen jedoch die Herausforderungen ihrer Gemeinschaft sehr genau. Die zentrale Frage lautet daher: Wie können wir sie dabei unterstützen, sich über ihre lokale Ebene hinaus wirkungsvoll einzubringen?
Eine weitere große Hürde bilden strukturelle und kulturelle Barrieren. Ich habe miterlebt, wie Frauen allein aufgrund ihrer Mitgliedschaft in einem Organisation Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt wurden. Wie bereits von Eileen erwähnt, kann ihre Beteiligung in Organisationen die Dynamik im Haushalt verändern – Männer ziehen sich mitunter zurück, weil sie glauben, ihre Partnerinnen kämen nun allein zurecht. Deshalb müssen wir nicht nur die Stärkung von Frauen in den Blick nehmen, sondern auch gezielt Männer in diesen Prozess einbinden. Nur wenn Frauen und Männer den kollektiven Mehrwert verstehen und mittragen, kann Veränderung nachhaltig und gerecht gestaltet werden.
Könnt ihr einige der Maßnahmen nennen, die eure Organisationen zur Bewältigung geschlechtsspezifischer Ungleichheiten in den Agrar- und Ernährungssystemen durchgeführt hat?
Dr. Eileen Nchanji: Bohnen werden seit Langem von Frauen angebaut, die von der Auswahl des Saatguts bis zur Bewirtschaftung der Felder den Hauptanteil der Arbeit übernehmen. Auch wenn die Bäuerinnen hauptsächlich mit Bohnen arbeiten, bauen sie auch andere Kulturen an und brauchen daher technische Lösungen, die vielseitig, bezahlbar und geschlechtergerecht sind. Aus diesem Grund haben wir, die panafrikanische Allianz für Bohnenforschung (PABRA), gemeinsam mit einer jungen Organisation erschwingliche Mehrkultur-Dreschmaschinen entwickelt, um die körperliche Belastung, die mit dem Anbau von Mehrkulturen einhergeht, zu verringern. In Tansania haben beispielsweise über 10.000 Bäuerinnen diese Maschinen gekauft und wurden in ihrer Anwendung geschult – so konnten Ernteverluste deutlich reduziert und körperliche Arbeit erleichtert werden.
Darüber hinaus hat PABRA auch direkte Zahlungen per Mobiltelefon erprobt, um den Frauen finanzielle Autonomie zu verschaffen, jedoch schränken in ländlichen Gebieten weit entfernte Zahlungskioske und gemeinsame persönliche Identifikationsnummern die Wirksamkeit ein. Gleichzeitigt bedenkt PABRA auch, wie Frauen im informellen Sektor und im grenzüberschreitenden Handel wirksam unterstützt werden können.
Theresa Herbold: Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zielt darauf ab, die Rechte von Frauen, ihren Zugang zu Ressourcen und ihre Vertretung in Entscheidungsprozessen zu stärken, die sogenannten „3 Rs“. Das BMZ-Engagement im Bereich Agrar- und Ernährungssysteme basiert auf der Arbeit des Ausschusses für Welternährungssicherheit (CFS), einer inklusiven Multi-Stakeholder-Plattform, die Strategien für globale Ernährungssicherheit und Ernährung entwickelt. Im Jahr 2023 hat der CFS freiwillige Leitlinien zur Gleichstellung der Geschlechter und zur Stärkung von Frauen und Mädchen im Kontext von Ernährungssicherheit und Ernährung verabschiedet. Diese Leitlinien sind ein Meilenstein auf dem Weg zu einer geschlechtergerechten Politik und handlungsleitend, um sowohl die Symptome als auch die Ursachen der Geschlechterungleichheit in dem Sektor zu bekämpft.
Das BMZ unterstützt zahlreiche wirkungsvolle Projekte, darunter das „GIZ Global Program on Food and Nutrition Security, Enhanced Resilience“, das in zwölf afrikanischen und asiatischen Partnerländern umgesetzt wird. Das Programm zielt darauf ab, die Ernährungssicherheit, insbesondere derjenigen, die am stärksten von Unterernährung bedroht sind, nämlich Frauen und Kinder, zu verbessern. Wenn Kinder bereits in den ersten 1.000 Tagen (d.h. im Mutterleib und in den ersten beiden Lebensjahren) nicht genügend Mikronährstoffe wie Eisen, Zink oder Vitamin A erhalten, wirkt sich dies auf ihre Gesundheit und Entwicklung aus mit lebenslangen und irreversiblen Konsequenzen. Das Programm arbeitet in verschiedenen Bereichen wie Landwirtschaft, Gesundheitsdienste, Bildung und soziale Sicherungssysteme, um die Verfügbarkeit vielfältiger und gesunder Nahrungsmittel das ganze Jahr über zu verbessern. In Einklang mit den Erfahrungen von Caroline und Eileen umfasst das Programm auch Maßnahmen, die auf Männer zugeschnitten sind, um Geschlechterrollen und -stereotypen nachhaltig zu überwinden. In Malawi und Indien beispielsweise bieten Vätergruppen auch den Männern einen geschützten Raum, um über die Verteilung der Hausarbeit, ihre Rollenbilder und die Möglichkeiten zur Veränderung der sozialen Normen ins Gespräch zu kommen.
Ein abschließender Gedanke: Was ist eure Vision für transformierte Agrar- und Ernährungssysteme?
Dr. Eileen Nchanji: Chancengleichheit und sektorübergreifende Partnerschaften, denn es geht nicht nur um bloße Partnerschaften.
Caroline Kayanja: Meine Vision sind widerstandsfähige und inklusive Agrar- und Ernährungssysteme, die das soziale Wohlergehen von Landwirt*innen und weiteren Akteur*innen fördern. Ziel ist es, wirtschaftliche Selbstbestimmung zu stärken und eine sichere, nahrhafte Ernährung auf Haushalts-, nationaler und globaler Ebene zu gewährleisten.
Theresa Herbold: Transformierte Agrar- und Ernährungssysteme zeichnen sich dadurch aus, dass Geschlechtergerechtigkeit und Fairness auf allen Ebenen fest verankert sind. Sie gewährleisten, dass Frauen sowie alle gesellschaftlichen Gruppen gleichberechtigten Zugang zu Ressourcen, Rechten und Mitbestimmung erhalten. Nur so können Agrar- und Ernährungssysteme geschaffen werden, die wirksam zu Klimazielen, Ernährungssicherheit und nachhaltiger Entwicklung beitragen.
„Transformierte Agrar- und Ernährungssysteme zeichnen sich dadurch aus, dass Geschlechtergerechtigkeit und Fairness auf allen Ebenen fest verankert sind. Sie gewährleisten, dass Frauen sowie alle gesellschaftlichen Gruppen gleichberechtigten Zugang zu Ressourcen, Rechten und Mitbestimmung erhalten“